Was bedeutet eingesperrt sein? Wird der Mensch denn frei geboren? Wer das glaubt irrt gewaltig. Erst wird er gefangen gehalten von älteren, stärkeren Exemplaren der Gattung und an der Ausübung seines freien Willens gehindert – indem er um acht ins Bett muss. Bereits in Kindergarten und Schule wird er mit Seinesungleichen zusammengepfercht, ob er nun will oder nicht. Das Programm setzt sich nahtlos fort in Kasernen, Hörsälen und an Arbeitsplätzen. Mit »IN DEINEM PELZ« entwerfen die Theaterkünstler Bernhard Mikeska und Alexandra Althoff einen Abend über Zwangsgemeinschaften und das Eingesperrtsein – für den »Faulen Pelz«, das historischen Amtsgefängnis in der Heidelberger Altstadt, das aus einigen Zellen heraus sogar den Blick auf das Schloss ermöglicht. Die einst fortschrittliche Haftanstalt wurde 1847/48 von Ludwig Lendorff erbaut, dem Architekten des Heidelberger Theaters. Nach fast 170 Jahren wurde der nun nicht mehr zeitgemäße Knast endgültig geschlossen. An zwei Marathon-Wochenenden werden die Zuschauer in den »Faulen Pelz« geführt: alleine, Einlass alle 5 Minuten, rund um die Uhr. Jeder Zuschauer betritt einzeln die Installation, die ihn tief in das Innere führt. In den 8 ½ Quadratmeter großen Einzelzellen sind Erinnerungen eingefangen, schon bald verschieben sich die Grenzen von Fiktion und Wirklichkeit, Ursache und Wirkung.
Um den Namen „Fauler Pelz“, in dem einst knapp 80 Männer und Frauen in den Zellen des alten Sandsteingemäuers auf ihren Prozess warteten, ranken sich Legenden. Im 16. Jahrhundert war an dieser Stelle das Gerberviertel. Die zum trockenen ausgelegten Felle sollen einen fauligen Geruch verbreitet haben. Die tierische Haut wurde mit einer braunen Brühe aus der Rinde junger Eichen bearbeitet. Als die Gerber umgesiedelt wurden, blieb der Graben mit der übel riechenden, braunen Brühe zurück. Bald bildete sich eine dicke Schimmelschicht, die den Ort bedeckte wie ein Pelz.
Uraufführung 26./27. November 2016
Theater der Stadt Heidelberg
TERMINE
10./11. Dezember 2016
(rund um die Uhr von Samstag 14 Uhr bis Sonntag 22 Uhr)
Einlass alle 5 Minuten für je einen Zuschauer. Dauer ca 60 Minuten
BESETZUNG
Mit Claudia Renner, Hendrick Richter, Christina Rubruck, Anne Schäfer, Andreas Seifert, Nanette Waidmann, Maria Magdalena Wardzinska, Olaf Weissenberg
und als Schliesserinnen Julia Bloyl, Tatjana Gummert, Hang Mai Le, Marie Pauline Jenne, Laura Knorr, Beate Kögel, Barbara Martin, Nicole Mayer, Helen Mohr, Karolina Muszol, Heidi Oßwald, Hannah Pflaumer, Maren Popovic, Doris Prinzl-Wimmer, Laura Puccio, Christéle Quedeville, Hiltrud Rieger-Lucas, Hanna Schöniger, Angela Vollertsen, Doris Warzecha, Sarah Welz, Anna Wenz
Regie / Text Bernhard Mikeska
Kostüm Pauline Hüners
Sounddesign Julia Krause
Dramaturgie / Text Alexandra Althoff
Alle Fotos (c) Heinz Holzmann
REZENSIONEN
Heidelberger Theater steckt seine Besucher in den Knast, von Volker Oesterreich, Rhein-Neckar-Zeitung vom 26. November 2016
Der Knast als Bühne, von Stephan Wolf, heute.de (dpa) vom 27. November 2016
VIDEO
SWR-Landesschau, Beitrag von Eberhard Reuß (3:33 min, mp4-Video)
AUDIO
In Deinem Pelz – das Theater Heidelberg lädt ins Gefängnis ein von Annette Lennartz, SWR 2, 25. November 2016
In Deinem Pelz, SWR-Hörfunk-Reportage von Eberhard Reuss